Jeder Mensch hat das Recht zu entscheiden, wie er wohnen möchte!

Das Bedürfnis ein Dach über dem Kopf zu haben und in einer Wohnung zu leben, die zu einem passt, eint uns alle – Menschen mit und ohne Behinderung. Diesen Wunsch zu befriedigen ist für Menschen mit Behinderung jedoch ungleich schwerer. Sie sehen sich mit dem Problem konfrontiert, dass barrierefreier, bezahlbarer, adäquater Wohnraum Mangelware in Leipzig ist. Entweder sind die individuellen aus Behinderung resultierenden Bedarfe nicht berücksichtigt oder die Wohnungen sind schlicht zu teuer. Ein Umstand, der insbesondere deswegen schwer wiegt, weil Menschen mit Behinderungen häufig auf Sozialleistungen angewiesen sind.

Der Bedarf an barrierefreiem und bezahlbarem Wohnraum wächst angesichts des demographischen Wandels, also dem Älterwerden unserer Gesellschaft, immer weiter. Dieser Entwicklung muss Rechnung getragen werden.

Es ist bei der Schaffung von Wohnraum zu bedenken, dass barrierefrei nicht gleich barrierefrei ist. Die individuellen Bedarfe von Menschen mit Behinderung in Bezug auf ihren Wohnraum sind so mannigfaltig wie die Einschränkungen, aus denen sie resultieren. Ein Mensch mit Autismus braucht nicht unbedingt eine Wohnung ohne Schwellen und einen unterfahrbaren Waschtisch. Er braucht eventuell eher eine Wohnung in ruhiger Lager, die leicht abzudunkeln ist. Es gilt beim Wohnungsbau und bei der Vergabe von Wohnraum alle Bedarfe zu berücksichtigen.

Häufig scheint in den Vorstellungen der Mehrheitsgesellschaft der Weg von Menschen mit Behinderung schon vorgezeichnet. Nach dem Leben im Elternhaus und der Beschulung in einer Förderschule folgen die Arbeit in einer Werkstatt und das Wohnen in einer stationären Einrichtung. Die Lebensentwürfe von Menschen mit Behinderung sind aber genauso divers, wie die von Menschen ohne Behinderung. Es gibt zahllose Varianten des Wohnens: Betreutes Wohnen, Wohnen in der eigenen Häuslichkeit, alleine, mit einer Partnerin oder einem Partner, mit Assistenz oder in einer WG – um nur einige zu nennen. Es gilt inklusive Wohnformen zu stärken. Inklusion kann in diesem Zusammenhang heißen, dass Menschen mit und ohne Behinderung zusammenleben. Sie kann aber auch bedeuten, dass ein Mensch gut in die Hausgemeinschaft oder die Nachbarschaft eingebunden ist. Menschen mit Behinderung haben – genau wie alle anderen – das Recht zu entscheiden, wie sie wohnen wollen. Damit dieser Satz nicht zu einer hohlen Phrase wird, muss es unterschiedliche Optionen geben.

Es braucht bessere politische Rahmenbedingungen, um mehr barrierefreien, bezahlbaren, adäquaten Wohnraum zu schaffen. Sozialbau muss nicht nur konsequent gefördert, sondern auch im großen Stil verpflichtend gemacht werden. In Wien und anderen Orts macht man bereits vor, dass das geht. Barrierefreiheit insbesondere bei Neubauten darf nicht mehr die Ausnahme sein, sondern muss zum neuen Standard werden.

Wir als „Innovatives Netzwerk Wohnen mit Behinderung“ setzen uns dafür ein, die Zugangsmöglichkeit zu geeignetem Wohnraum für Menschen mit Behinderung zu verbessern. Bringen Sie sich ein, machen Sie mit! Gemeinsam für mehr Tempo bei der Inklusion!

Rede von Janek Lassau für das „Innovatives Netzwerk Wohnen mit Behinderung“ auf der Kundgebung „Tempo machen für Inklusion – barrierefrei zum Ziel!“ am 07. Mai 2022, im Rahmen der gleichnamigen Aktionswoche.